2 Männlein oder Weiblein sein darfst, ohne deren Instabilitäts-Gesetze verletzt zu haben. Selbst unter freien renommierten Aufklärern grassiert da und dort die Verherrlichung der subjektiven Wirrnis. Deren Aufklärungswucht hat allerdings nur noch die Durchschlagskraft eines Waschlappens, niemals mehr aber die eines geschärften Pfeiles. Ich will mit alledem aber nicht etwa zur Behauptung durchdringen, es gäbe unter dem Himmel einen Menschen, der auch nur schon einen Hauch von Objektivität aus sich selber heraus besässe. Wir OCGer gestehen unsere angeborene Subjektivität immer wieder gerne und in aller Demut ein: Nicht aber, um uns durch sie um irgendeine Verantwortung herumzudrücken oder um irgendwelches Versagen durch sie zu rechtfertigen. Schon gar nicht, um uns von berechtigten Vorwürfen allfälliger Irrtümer zu befreien. Wir gestehen unsere Subjektivität einzig darum gerne ein, um uns dadurch den ständigen Zugang zur Objektivität Gottes offenzuhalten. Denn einzig den Einsichtigen, den in sich selber Schwachen und daher nach Geist Hungernden, schenkt Gott Zugang zu Seiner Objektivität und Allmacht. Darum eröffnete Jesus Seine Bergpredigt auch mit den Worten: „Reich begütert sind alle um Geist Bettelnden, denn ihnen ereignet sich das Himmelreich.“ So wörtlich. Und darum beendete Jesus dieselbe Bergpredigt mit der Schlussfolgerung: „Ihr sollt daher vollkommen SEIN, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist!“ (Mt. 5,3.48). Versteht Ihr? Gerade die eigene Unzulänglichkeit, aufgrund angeborener Subjektivität, gibt uns also das Recht, die Objektivität Gottes für uns zu ergreifen – und dadurch Gottes Vollkommenheiten auf allen Ebenen durch uns hindurch zu erleben! Es gilt daher, den irrigen Ausspruch Nietzsches genau umzudrehen. Nicht: „Wer objektiv sein will, liebt nicht genug“, sondern: „Wer nicht zur Objektivität Gottes durchdringt, liebt nicht genug.“ Wir brauchen die Objektivität und die Vollkommenheiten Gottes in uns und durch uns, wenn wir diese Welt nicht noch restlos zugrunde richten wollen. Und unsere angeborene Subjektivität ist dabei nicht etwa das Hindernis, sondern gleichsam die einzige Zutrittsberechtigung, unser Pass, unser Schlüssel, unser Passepartout, um zur Objektivität und Vollkommenheit Gottes zu gelangen. Wer sich also seiner Subjektivität rühmt, mit ihr gleichsam seine Demut zur Schau stellt, während er doch in seiner ewig vielfarbigen Orientierungslosigkeit versumpft, der schadet der Menschheit mehr als dass er ihr nützt. Er gibt zwar zu, als Blinder die Blinden führen zu wollen, er erteilt sich aber im Namen der Subjektivität zugleich selber die Absolution, sprich, er begnadigt sich selber und spricht sich von allen allfälligen Konsequenzen und Strafen
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