29 Es war schon dunkel geworden, als ich am Nachmittag durch die Wohnung lief. Unsere liebe Katharina, die uns immer einen Tag in der Woche herzlich im Haushalt unterstützt, war gerade in ein tiefgründiges Gespräch versunken … mit meinem siebenjährigen Neffen „Noldi“. Er sass auf der Treppe und sprudelte wie ein Bergbächlein. Ich rannte diesmal nicht wie gewohnt durch die Wohnung, sondern lauschte einen Moment, was er erzählte: „Die letzten Tage kann ich viel besser mitfliessen mit dem Frieden. Das ist sooo ein anderes Leben! … Das, was am Anfang oft schön ist, ist im Nachhinein nicht so schön. Und was zuerst mühsam ist, ist danach soooo schön!“ Katharina war nicht die Einzige, die einfach platt war, dass sie soeben ein tiefes Gespräch mit einem siebenjährigen Buben hatte. Wie jedes Mal ging sie glücklich und voller Dankbarkeit nach Hause, obwohl sie uns gerade einen ganzen Tag mächtig unterstützt hatte! Noldi hatte noch seine kleine Gartenhose an und machte als Überraschung einen Teil des Gärtchens von meiner Mama auf dem Balkon winterfest, obwohl er das Angebot hatte, mit ihr einkaufen zu gehen. Seine Augen leuchteten grad noch heller, als meine Mama anschliessend voller Freude das Gärtchen bestaunte mit den perfekt geschnittenen Pflanzen und sich fest bedankte! Dann fragte er mich noch, ob er mir was helfen könne. So half er motiviert, ein paar Kleinigkeiten in den obersten Stock zu tragen. Dort angekommen, bereitete ich alles für den kommenden Tageseinsatz vor. Ich heirate ja in wenigen Wochen, und das Brautkleid muss noch angepasst werden … Da haben sich – sage und schreibe – drei Freundinnen von sich aus gemeldet und mir angeboten, das Kleid anzupassen! Wo gibt es so was? Dazu war dies eine seeehr anspruchsvolle Aufgabe. Am Abend bedankte sich die Schneiderin nach der intensiven Arbeit für den Einsatz und dafür, dass sie so viel lernen durfte durch diese Herausforderung. Ich wurde sogar mit Geschenken überrascht! Unglaublich … Zum Schluss des Tages ging ich mit meinem Verlobten in die zukünftige Wohnung und sah lauter fleissige Hände, die uns einfach unterstützten bei der groben Renovation der Wohnung. „Ihr gebt uns so viel!“ „Das ist das Mindeste, was wir für euch tun können!“, kommt mir nach meinem Dank entgegen. Man könnte wieder – wie jedes Mal – problemlos darüber „streiten“, wer wem mehr Dank schuldet! So schön! Wenn ich dann ab und zu wieder Berührung habe mit der für mich „anderen Welt“, fühlt es sich an, als würde ich aus einem Traum erwachen. Zum Beispiel, als ich kürzlich unsere standesamtliche Hochzeit anmelden wollte: Am Telefon erklärt mir eine Stimme sachlich, dass diese paar Minuten Ziviltrauung mitsamt Dokumenten 450 CHF kosten würden. Mein erster Gedanke? „Das muss ein Witz sein!“ Es klingt fast so, als gelte dort das Motto: „Jeder nehme für sich, was er kriegen kann!“
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